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Erzwungene Schwingung
Wir gehen nun zur Betrachtung von Schwingungen eines Systems über,
auf das ein äusseres veränderliches Feld wirkt. Derartige Schwingungen heissen
erzwungene Schwingungen im Gegensatz zu den im vorherigen Paragraphen untersuchten
freien Schwingungen.
Bei der Anwesenheit eines äusseren Feldes besitzt das System neben der eigenen
potentiellen Energie ausserdem die potentielle Energie ,
die von der Wirkung des äusseren Feldes herrührt. Wenn wir dieses Zusatzglied in einer
Potenzreihe von der kleinen Grösse entwickeln, erhalten wir
Das erste Glied hängt nur von der Zeit ab und kommt bei der Aufstellung der BG nicht vor.
Im zweiten Glied ist
die äussere Kraft,
die auf das System in der Gleichgewichtslage wirkt und eine vorgegebene Funktion der Zeit ist.
Wir bezeichnen sie mit . Damit erscheint in der potentiellen Energie das Glied
, so dass die Lagrange Funktion des Systems lautet
Die entsprechende BG ist
wo wir wiederum die Frequenz der freien Schwingung eingeführt haben.
Wir betrachten nun einen Fall von besonderem Interesse,
bei dem die äussere Kraft ebenfalls eine einfache periodische Funktion der Zeit mit der
Frequenz ist:
darstellt.
Um eine spezielle Lösung zu suchen, führen wir den Ansatz
durch,
mit dem gleichen periodischen Faktor. Einsetzen in die DG ergibt
die charakteristische Gleichung
deren Lösung
ist. Die allgemeine Lösung der inhom. DG ist
Die freien Konstanten und bestimmen sich aus den Anfangsbedingungen.
Das bedeutet, dass das System unter der Wirkung äusserer periodischer Kräfte
eine Bewegung ausführt, die sich aus zwei Schwingungen zusammensetzt. Aus einer
Schwingung mit der Eigenfrequenz des Systems
und aus einer Schwingung mit der
Frequenz der äusseren Kraft. Der Verlauf der Amplitude der speziellen
Lösung ist in der folgenden Skizze dargestellt:
Die negative Amplitude für
kann man auch als positive Amplitude einer um verschobenen
darstellen, d.h. die Lösung lässt sich als
darstellen.
Die gegebene Lösung gilt nicht im Fall der sog. Resonanz, d.h.
wenn die Frequenz der äusseren Kraft mit der Eigenfrequenz des
Systems zusammenfällt. Um die allgemeine Lösung der BG in diesem Falle zu finden, versuchen
wir eine spezielle Lösung mit dem Ansatz
zu finden. Die Motivation für diesen Ansatz ist die folgende: In der vorigen Lösung
strebte der Denominator für
nach Null. Damit diese Divergenz
auf irgendeine Weise kompensiert wird und eine wohldefinierte Lösung existiert, müssen
wir dafür sorgen, dass auch der Numerator für
nach strebt.
Einsetzen in der DG (zuerst nehmen wir formell
) ergibt
Die Funktion, die die Lösung im Fall der Resonanz darstellt, finden wir
als Resultat von
Durch Benutzung der triginometrischen Identität
erhalten wir
und
Die allgemeine Lösung lautet dann
Im Resonanzfall, steigt die Schwingungsamplitude linear mit der Zeit
(solange sie nicht so gross wird, dass die gesamte dargelegte Theorie nicht
mehr anwendbar ist!).
Abbildung 4.1:
Verlauf der Schwingung im Resonanzfall
|
Die Erscheinung der Resonanz hat viele Anwendungen in der Physik und überhaupt
in den Naturwissenschaften. Auf einige davon werden wir näher eingehen. Die Resonanz
kann aber auch sehr gefährlich werden, z.B. für Maschinenteile wie Turbinenwellen,
wenn die Eigenfrequenz der Welle gleich ihrer Umlauffrequenz wird. Beim Anfahren von Gasturbinen,
bei denen die Betriebsfrequenz oberhalb der Eigenfrequenz liegt, muss deshalb möglichst
schnell über die Resonanzstelle hinweg gefahren werden.
Neben der Amplitude ist auch die von der äusseren Kraft zugeführte Energie
(oder Arbeit) eine Grösse, die oft den Resonanzprozess charakterisiert.
Die Energie eines Systems, das erzwungene Schwingungen ausführt, bleibt nämlich nicht
erhalten. Diese Tatsache lässt sich direkt aus der in der Lagrange-Funktion vorkommenden
expliziten Zeitabhängigkeit herleiten. Nach unseren Definitionen ist die in einer
Periode
zugeführten Energie
Wir unterscheiden zwischen zwei Fällen:
und
.
Im ersten Fall ist die zugefügte Energie (oder, anders ausgedrückt,
die vom System absorbierte Energie) null:
Nur im Resonanzfall ist das System imstande, Energie zu absorbieren, nämlich
Diese Möglichkeit, nur bei der Resonanz einem System Energie zuzuführen, ist die Grundlage für die Absorption von
Licht durch Materie, und findet zum Beispiel in der Spektroskopie eine wichtige Anwendung ( die -Abhängigkeit der
absorbierten Energie wird in der Tat nicht beobachtet: Man beobachtet eher eine -Abhängigkeit,
die dazu führt, dass die absorbierte Energie pro Zeiteinheit konstant ist. Wir werden sehen, wie die Einführung der
Dämpfung zur nötigen Korrektur führt.)
Bis jetzt haben wir angenommen, dass die Bewegung der Masse im
leeren Raum stattfindet, oder dass der Einfluss des Mediums auf die Bewegung vernachlässigbar ist.
In Wirklichkeit setzt das Medium der Bewegung des Körpers einen Widerstand entgegen, der
sie zu verlangsamen sucht. Die Energie des sich bewegenden Körpers geht hierbei letzen Endes in
Wärme (oder Strahlung) über - man sagt, sie dissipiert. Der Bewegungsprozess ist unter diesen
Bedingungen schon kein rein mechanischer Vorgang mehr. Beispielweise kann man im Allgemeinen nicht
mehr behaupten, dass die Beschleunigung eines bewegten Körpers nur von seinen Koordinaten
und von der Geschwindigkeit zu einem gegebenen Zeitpunkt abhängt; d.h, BG im Sinne, wie sie
in der Mechanik vorkommen, existieren nicht. Die Bewegung hängt auch von anderen Parametern ab,
zum Beispiel von der Temperatur sowohl des Körpers als auch der des Mediums.
Oft simuliert man solche dissipativen Vorgänge, indem man eine Reibungskraft
in die BG einführt. Eine solche Reibungskraft nimmt für den hier betrachteten Fall der
eindimensionalen Schwingung die Form
, an.
Das Minuszeichen bedeutet, dass die Kraft der Bewegung entgegenwirkt.
Wenn wir diese Kraft auf der rechten Seite der BG hinzufügen, erhalten wir (zuerst sei )
. Wir teilen durch und führen die Bezeichnungen
,
ein. Dabei ist die Frequenz der freien Schwingungen des Systems ohne Reibung.
Die Grösse heisst Dämpfungskonstante. Auf diese Weise erhalten wir die Gleichung
Nach den allgemeinen Regeln für die Lösung linearer DG mit konstanten Koeffizienten
setzen wir den Ansatz
und finden die charakteristische Gleichung
mit den Lösungen
.
Die allgemeine Lösung der Gleichung ist
Hier müssen zwei Fälle unterschieden werden:
Für
erhalten wir zwei komplex konjugierte Werte für :
Die allgemeine Lösung der DG ist
. Die durch diese Formel dargestellte Bewegung
ist eine sog. gedämpfte Schwingung. Man kann sie als harmonische Schwingung mit exponentiell
abnehmender Amplitude ansehen. Die Schwingungsfrequenz ist kleiner als die Frequenz der freien
Schwingung ohne Reibung.
Wir nehmen jetzt an, dass
ist. Dann sind beide Werte von reell und negativ.
Die allgemeine Lösung lautet hier
Die Bewegung besteht aus einer asymptotischen (bei
) Annäherung
an die Gleichgewichtslage ohne Schwingung. Diese Bewegung heisst aperiodisch. Im Automobilbau
ist das die Aufgabe der Stossdämpfer, die durch starke Bodenunebenheiten entstehenden unangenehmen
und auch gefährlichen Federschwingungen der Karrosserie sofern als möglich aperiodisch zu
dämpfen.
Dissipative Vorgänge spielen natürlich auch bei erzwungenen Schwingungen eine grosse Rolle.
Sie modifizieren den Verlauf des Resonanzvorganges, indem sie auch entfernt von der Resonanz
zur Absorption der Energie führen können. Dabei bremsen sie das Wachstum der Amplitude
im Resonanzfall zu einem endlichen, stationären Wert.
Die DG lautet
Die allgemeine Lösung ist dann (ohne Herleitung)
mit
und
.
Der erste Summand nimmt mit der Zeit exponentiell ab, sodass nach genügend langer Zeit nur
noch der ''erzwungene'' Term
übrigbleibt.
Abbildung 4.2:
Die Phase und die Amplitude als Funktion von für zwei verschiedene Parameter
|
Die Phase wechselt nicht sprunghaft von zu wie beim Fall . Der Wechsel
findet in einem engen Frequenzbereich der Breite in der Umgebung von statt.
Am besten schätzen wir die Wirkung der dissipativen Kraft, indem wir die absorbierte Energie
im Fall betrachten. Die in einer Periode absorbierte Energie ist
Die entsprechende absorbierte Leistung ist
Abbildung 4.3:
Absorbierte Leistung
|
Im eingeschwungenen Zustand bleibt die Energie eines Systems,
das erzwungene Schwingungen ausführt, unverändert. Das System absorbiert allerdings
ununterbrochen Energie (aus der Quelle der äusseren Kraft), die infolge der Reibung dissipiert.
Bei der Resonanzfrequenz ist die aufgenommene Leistung maximal, die
scharfe Resonanzlinie bekommt eine endliche Breite. In der Technik führt man oft zur
Charakterisierung der Schärfe einer Resonanzlinie den sog. Q-Faktor als
ein.
Da Resonanzerscheinungen eine sehr wichtige Rolle in der Natur spielen und fast auf allen
Gebieten der Physik vorkommen, wollen wir einige davon besprechen.
Beispiel 1: Elektrische Resonanzkreise
Ein einfacher elektrischer Resonanzkreis (oder Schwingungskreis) besteht
aus einer Serienschaltung einer Kapazität ,
einer Induktivität und eines Widerstandes ,
hier abgebildet.
Die veränderliche Grösse im elektrischen Schwingkreis ist die transportierte Ladung in
Analogie zu bei der mechanischen harmonischen Schwingung. Die Schwingungsgleichung
für obigen elektrischen Kreis lautet
Die Halbwertsbreite der Resonanzkurve beträgt in diesem Fall .
Vergleichen wir die beiden Differentialgleichungen für und , so können wir eine
rein formale Beziehung entsprechender Grössen finden, die in dieser Tabelle aufgezählt sind.
Charakteristika |
Mech. System |
Elektr. System |
Unabhängige Veränderliche |
t |
t |
Abhängige Variable |
x |
q |
Trägheit |
m |
L |
Dämpfung |
|
|
Resonanzfrequenz (Eigenfreq.) |
|
|
Schwingungsdauer (Periode) |
|
|
Q-Faktor |
|
|
Beispiel 2: Spektroskopien
Man kann die Wechselwirkung zwischen einem System mit atomarer Ausdehnung und elektromagnetischer Strahlung
durch eine klassische erzwungene Schwingung simulieren, indem man die von aussen angelegte Störkraft mit dem
elektrischen Feld der Strahlung identifiziert. Systeme mit atomarer Ausdehnung sind durch diskrete Energiewerte
charakterisiert, d.h. dürfen nur bestimmte Energiewerte annehmen. Die ''Eigenfrequenz'' stellt eine
charakteristische Frequenz des Systems dar, und zwar ist sie ein Mass für den Abstand zwischen zwei Eenrgieniveaus,
, wobei
das Plank'sche Wirkungsquantum ist. Dieses Modell führt zum Phänomen, dass nur bei
der Resonanzfrequenz das System vom elektromagnetischen Energiefeld absorbieren kann.
Diese Absorption erfolgt durch den Übergang des Systems vom niedrigen Energieniveau
zum angeregten Zustand . Durch diese Resonanzerscheinung entsteht die Möglichkeit, die
Energieniveaus eines Systems zu bestimmen: das ist die Grundlage der Spektroskopie, da es ermöglicht,
verschiedene Systeme anhand deren Absorpsionsspektren zu erkennen.
Mögliche angeregte Zustände eines Moleküls sind Schwingungen, für welche mit der
klassischen Schwingungsfrequenz übereinstimmt. Schwingungen führen zur Absorption im Infrarotbereich:
man sprich von Infrarotspektroskopie.
Ein typisches Absorptionsspektrum verursacht durch Schwingungen, ist in der Figur aufgezeichnet.
Die transmittierte Lichtintensität als Funktion der Wellenlänge des einfallendes Lichts zeigt ein deutliches
Transmissionsminimum, entsprechend einer Energieaufnahme der Moleküle, also einer Anregung von
Schwingungen. Solche Minima sind charakteristisch für die betreffende Substanz, und der Chemiker
kann daraus die Natur und Art der zu untersuchenden Probe bestimmen.
Absorption im Ultravioletten deutet auf elektronische Anregungen hin, wie der übergang zwischen zwei
Energieniveaus im Wasserstoffatom.
Die ''Natriumflamme'' ist ein typisches Beispiel einer elektronischen Anregung. Das
Na-Atom besitzt in seiner elektonischen Struktur zwei benachbarte Niveaus, deren Abstand gelbem
Licht entspricht. Auf ein Drahtnetz, das in der Flamme
eines Bunsenbrenners steht, wird Kochsalz gestreut, und die Flamme leuchtet gelb, entsprechend der
Wellenlänge des gelben Na-Lichtes 5890 . Durch das Erhitzen werden einige Atome in einen angeregten
Zustand versetzt.
Die angeregten Atome bleiben jedoch
nur sehr kurze Zeit
sec in diesem angeregten Zustand und
fallen wieder auf ihr Ausgangsniveau zurück. Dabei emittieren sie Licht mit der charakteristischen Na-Wellenlänge.
Beleuchten wir die Flamme mit
einer Natrium-Spektrallampe, die genau diese Wellenlänge emittiert, so beobachten wir an der
bestrahlten Stelle der Flamme auf einem dahinter aufgestellten Schirm schwarze Zonen.
Durch das Einstrahlen der Resonanzfrequenz werden die Atome energetisch in den angeregten
Zustand versetzt. Ein Teil des einfallenden Lichts wird für diesen Prozess benutzt, und verschwindet.
Das durch spontane Emission reemittierte Licht
geht in jeden Raumwinkel
und fehlt daher zu einem hohen Prozentsatz in der Durchstrahlrichtung: ein Schatten ensteht. Aufgrund der
endlichen Lebensdauer, besitzen die Niveaus eine gewisse Breite
: auch benachbarte
Frequenzen können am Resonanzprozess teilnehmen.
In der Tabelle sind die charakteristischen Absorptionsbereiche, mit den entsprechenden Anregungen,
zusammengefasst.
Spektralgebiet |
Art der Anregung |
Ultra-violett (UV) |
Schwingungen der Valenzelektronen |
Infrarot (IR) |
Molekülvibrationen |
Mikrowellen |
Molekülrotationen |
Die Absorptionsmaxima im UV einiger typischer organischer
Substanzen mit Mehrfachbindungen sind im Folgenden aufgezählt.
Verbindung |
Wellenlänge des Absorptionsmaximums |
|
1625Å |
|
1775Å |
|
1750Å |
|
1870Å |
Resonanzphänomene beobachtet man auch in der Kernspektroskopie.
Dabei tritt eine besondere Schwierigkeit auf: bei der Emission eines
-Quants erfährt der Kern aus Impulserhaltungsgründen einen Rückstoss. Einen Rückstoss erfahren auch Atome,
dieser ist allerdings vernachlässigbar klein. Durch diesen Rückstoss besitzt das emittierte
Quant eine um die Rückstossenergie verringerte Energie. Da der Impuls eines Quants :
ist,
muss der gleiche
Impuls vom Kern als Rückstoss aufgenommen werden. Die Rückstossenergie eines Kerns der Masse
beträgt deshalb:
Abbildung 4.4:
Energieschema beim Mössbauereffekt (rechts)
|
Betrachten wir zwei benachbarte Kernzustände, deren Energiedifferenz gegeben sei.
Bei der Emission eines -Quants geht der Kern vom Zustand II in den Zustand I über.
Die Energie des -Quants ist gleich der Energiedifferenz der beiden Zustände ,
vermindert um die Rückstossenergie , also
. Da die Kernniveaus ausserordentlich scharf sind,
viel schärfer als atomare Niveaus, reicht diese -Energie nicht mehr aus, um einen anderen Kern
vom Niveau I
auf das Niveau II anzuregen; oder mit anderen Worten: man kann einen Kern nicht als Photonenquelle für die Spektroskopie
anderer ähnlicher Kerne benutzen.
Dieses Bild ist nicht ganz korrekt: der Münchner Physiker Rudolf Mössbauer fand einen beträchtlichen Teil an
resonanter Absorption bei Kernen
(für diese Entdeckung erhielt er 1961 den Nobelpreis). Dieser Effekt wurde von Mössbauer folgendermassen erklärt.
Betrachten wir die Gleichung für , so erkennen wir
die Abhängigkeit der Rückstossenergie von der Masse des Kerns , der
den Rückstoss aufnimmt. Sind die -emittierenden Kerne sowie die absorbierenden
Kerne in ein Kristallgitter eingebaut, so wird der Rückstoss bei Emission nicht von einem
einzelnen Kern der Masse , sondern mit einer bestimmten Wahrscheinlichkeit von dem umgebenden
Kristallgitter als ganzes aufgenommen. In der Gleichung für
müssen wir daher in bestimmten Fällen die Masse durch eine sehr grosse Masse
ersetzen, dabei wird die Rückstossenergie beliebig klein, d.h. die Energie
des -Quants wird wieder gleich der Differenz der Kenergiezustände. Diese
-Strahlung kann von einem anderen Kern resonant absorbiert werden.
Eines der Isotope, das heutzutage am häufigsten für Mössbauereffektmessungen verwendet
wird, ist mit der 14,4 keV -Linie. Die Linienbreite ist von der Grössenordnung
eV. Damit wird der Q-Faktor von der Grössenordnung .
Darin liegt die grosse Bedeutung des Mössbauereffektes. Man hat ein äusserst
empfindliches Werkzeug zur Hand, um z.B. relativistische Effekte, Magnetfelder,
Verschiebungen im Kristallgitter usw. zu messen.
Mössbauer selbst hat diesen Effekt der rückstossfreien Kern-Resonanzabsorption zuerst an
Iridium 191 gefunden (Z. f. Physik 151, 124, 1958). Es sind heutzutage mehr als 80
Isotope bekannt, die für den Mössbauereffekt geeignet sind. Stichwortartig seien in folgender
Tabelle einige Beispiele von Anwendungen des Mössbauereffektes aufgezählt.
Die wohl grösste Bedeutung hat der Mössbauereffekt für die Aufklärung der
Strukturen fester Körper.
Gebiet |
Anwendung |
Relativität |
Frequenzverschiebung eines Lichtquants |
|
im Gravitationsfeld |
Kernphysik |
Bestimmung magnetischer Momente von |
|
angeregten Zuständen |
Kernphysik |
Quadrupoleffekte |
Kernphysik |
Bestimmung von Kernradien |
Festkörperphysik |
Elektrischer Feldgradient am Kernort |
Festkörperphysik |
Messung von inneren Magnetfeldern in Kristallen |
Festkörperphysik |
Magnetische Kristallstruktur |
Festkörperphysik |
Strahlungsschäden |
Chemie |
Isomerieveschiebung |
Chemie |
Hüllenordnungen nach Kernprozessen |
Chemie |
Strukturaufklärung komplizierter Moleküle |
Wir schliessen mit der Illustration von Resonanzen in der Teilchenphysik. Schiesst man z.B. Neutronen auf Iridiumkerne
oder -Mesonen auf Protonen,
so können für sehr kurze Zeiten sog. Resonanzen entstehen, kurzlebige Kombinationsteilchen,
die kurz nach ihrer Bildung zerfallen. Das Auftreten einer Resonanz äussert sich in der
Abhängigkeit der Wahrscheinlichkeit für eine bestimmte Reaktion von der Energie:
Aus der Breite der Resonanzabsorption, welche gleich ist, liest man die
Lebensdauer des Kombinationsteilchens ab. Das zeigt, dass Resonanzen auch in der
Kern-und Teilchenphysik von Bedeutung sind: neue Teilchen zeigen sich oft nur als Resonanz in einem Streuexperiment.
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Kraeutler Vincent
2000-05-30